Letzte Nacht durchnässte ein kalter fetter Novemberregen meinen Garten, aber gegen Morgen setzte sich eine fahle Sonne durch und beschien die noch nassen Fäden der Spinnen. An Zweigen und Blättern klammerten sich Tropfen fest, denen es ob fehlender Masse nicht gelungen war, den letzten Schritt zur Erde zu fallen.

Das Glitzern und Funkeln in den Farben des Regenbogens war allgegen-wärtig und auch an der Fensterscheibe hingen noch zwei bis zehn der kleinen durchsichtigen Gebilde.

Wind und womöglich kleine geflügelte Insekten, die sich daran gütlich taten, brachten sie zusammen und nach und nach verrannen sie an den glatten Scheiben des Glases auf dem Weg nach irgendwo.

 

Einer der kleineren Tropfen - sein Name ist mir grad entfallen - hielt sich tapfer und zeigte auf seiner Oberfläche alles, was der Garten spiegeln ließ. Ich beobachtete ihn eine ganze Weile, darauf wartend, dass er an Gewicht zulegen möge und ebenfalls seine Reise fortsetzte. Es dauerte und meine Geduld wurde auf die Probe gestellt. Dann verlor ich sie und konnte es nicht lassen, ihm einen kleinen Schubs zu geben. Nur einen ganz kleinen. Mit meinem kleinsten Finger, den ich habe. Ich meinte es gut. Ich dachte, er würde sich dort allein am oberen Teil meiner Fensterscheibe einsam fühlen. Und wie zur Bestätigung nahm er nun ganz plötzlich „Fahrt" auf, so dass mein Blick ihm kaum folgen konnte. Er eilte auf einer unsichtbaren vorgegebenen Spur - zur Rille im Fenstersims. Dort schlug er auf, sprang über das Sims hinaus und hinein in eine der kleinen Pfützen, Überbleibsel des nächtlichen Wetters. Endlich, endlich war er mit Schwestern und Brüdern, mit seiner gesamten Regenverwandtschaft vereint.

Aber nun hatte er keinen eigenen Namen mehr, denn die Wasserfläche war eins. Niemand würde ihn mehr dort herauslösen können. Alles Rufen würde nichts helfen. Ich weiß nicht weshalb, aber irgendwie betrübt es mich.