Murphys und andere Gesetze

 

Vor etwas längerer Zeit befasste ich mich schon einmal mit dem Thema „Verpackungen“. Dass ich es hier wieder entstehen lasse – nicht als Fortsetzung, sondern als Erweiterung gedacht , hat seine Bewandtnis in Ereignissen, die ein paar Tage zurückliegen.
Wie es notwendig ist, lassen sich Päckchen und Pakete an liebe Freunde und Konsorten noch immer nicht per mail versenden – ist das zu glauben?
Für eine meiner Nichten erstand ich vor einiger Zeit ein Geburtstagsgeschenk, hübsch, leicht und bunt und aus dünnem Blech gearbeitet, aber groß, so um die DIN A2, aber nicht genau, einen Tick kleiner, kein Maß, wie es im Buche steht – was wichtig zu wissen ist.
Da habe ich was Schönes in Händen und eile mich, passendes Papier zu besorgen. Papier der Art, dass man es früher gebügelt und verwahrt hätte für weitere Einpack-Aktionen. Ein Schleifchen dazu, ein paar winzige Kleinigkeiten zum Füllen eines Päckchen.

 

Ich gebe mir also viel Mühe, das dünne Blech, damit es keinen Schaden auf dem Weg nimmt, gut zwischen zwei Pappscheiben zu verpacken. Alles Übrige kommt mit hinein und es fühlt sich gut an. Eine ganz selbst gestaltete Karte noch und fertig. Nun ist das Päckchen rings ca. 2 cm größer als das Blech, aber weiterhin leicht wie eine Feder. Etwas unhandlich zu tragen, weil groß. Innen bunt verpackt, außen eher unscheinbar, da Pappe. Weshalb ich kleine Marienkäfter-Aufkleber aufklebe. Und die Anschrift auf den vorgeschriebenen Adress-Aufkleber. Ich klebe auch die Ritzen ringsum zu mit einem stabilen Klebeband. Ganz schön viel Klebe insgesamt.
Alles fertig. Nun aber ab damit zur Samstags-Öffnungszeit der hiesigen Postfiliale. Es sind noch ca. 55 Minuten bis Schalterschluss, als ich mich in eine Endlos-Schlage einreihe. Das Päckchen muss unbedingt heute auf Reisen – habe ich erwähnt, dass das Ziel im fernen England liegt? - sonst kommt es nicht rechtzeitig zum Geburtstag.

 

Es fragen sich manche, weshalb ich nicht früher damit unterwegs bin. Nun, die Tage verfliegen wie der Wind und immer gibt es was zu tun, so dass schnurstracks wieder eine Woche vergeht und das dünne Blechgeschenk weiterhin unverpackt lauert. Aber nun ist es ja soweit. Die Schlange mit ca., 30 Leuten vor mir – ich habe sie gezählt – rückt zäh voran. Es sind nur 2 von 4 Schaltern besetzt und an einem ist das Murph'sche Gesetz unterwegs. Es geht dort einfach nicht voran. Aber ich bin geduldig, habe Zeit und denke vor mich hin. Sinniere über das Leben und Sterben der Ameisen und wieviele vielleicht inzwischen tot zu unseren Füßen liegen, also Ameisen. Die große Wanduhr zuckt, wenn der lange Zeiger wieder eine Minute weiter springt, der dünne Sekundenzeiger macht seine Sache ausgezeichnet. Ohne zu zucken, umkreist er das Zifferblatt ein ums andere Mal und zieht sowohl den Minuten- als auch später den Stundenzeiger mit der Kraft der Sekunde weiter. Das ist was. Der dünnste hat es in der Hand.
Nun sind es noch 30 Min bis Torschluss und die Schlange ist vor mir geschrumpft auf ungefähr 20 Leute, hat sich hinter mir nochmal ums Gleiche aufgestaut, und ich denke: Schön. Dass ich nicht jetzt erst komme. Wie lange Zeit mehr würde ich aushalten müssen mit dem Paket unter dem Arm.
In der Schlange komme ich schrittweise vorwärts, nicht lahm, aber auch nicht zügig. Nun stehe ich neben einer Sitzbank, auf der ein mir bekanntes Ehepaar Platz genommen hat. Gut tun sie. Sich ausruhen. Aber wehe, sie würden in die Schlange zurück wollen. Müssen sie auch nicht. Wir tauschen ein paar Sätze aus. Wie geht’s? Und selbst? Und hast du kürzlich den und den gesehen? Der sah gar nicht gut aus. Vielleicht hat er zu lange in einer Warteschlange gestanden. Na, dann schönes Wochenende und man sieht sich. Ich muss mich von ihnen trennen, denn wieder hat es ein paar Menschen erwischt. Sie konnten ihr Anliegen am Schalter positiv abschließen. Wie gut für sie.
Die Wanduhr zeigt an, dass es nun noch 10 Min. sind, bis jemand von den Schaltermenschen kommen und die Tür zum Außen schließen wird. Aber wir, die wir drin sind, sind drin und uns kann man nicht wieder raussetzen. Juchhuu! Ich werde die nächste sein, die vortreten und alles abwickeln darf.
Leider ist mein Lieblings-Angestellter nicht am Platz, da wäre es auch etwas schneller gegangen. Ein Mensch mit Leib und Seele dem Postwesen zugetan. Dabei überaus freundlich, nett, hilfsbereit. Wie oft hat er mir schon eine verfahrene Situation gerettet. Klebeband zum Beispiel. Wo es nicht genug war. Egal, er ist nicht am Platz an diesem Samstag. Dafür der Mensch, mit dem ich schon mehrfach aneinander geraten bin. Starrköpfig, ablehnend, nicht kundenfreundlich. Und just zu ihm muss ich. Ich könnte natürlich noch jemanden vorlassen, aber das gibt nur Konfusion. Weiß ich aus Erfahrung. Also atme ich tief durch und schreite zur notwendigen Ausführung meiner Postgeschäfte in Form von Versand meines großen dünnen Päckchens nach England, auf dass meine Nichte eine Freude hat.

 

Wird sie aber nicht, wie wir gleich hören werden.

Es folgt ein Dialog, in dem ich der Einfachheit halber den Postmenschen mit „Post“ und mich selbst als mit „Ich“ kennzeichnen werde. Auf geht’s.

 

Ich: Ich hätte dieses Päckchen gern nach England geschickt.

 

Post: Da haben Sie aber die denkbar schlechteste Verpackung gewählt, junge Frau (das „jung“ meint er nicht ernst, so höflich ist DER nicht).

 

Ich: Innen ist es hübscher. Ich habe es in Geschenkpapier verpackt.

 

Post (schon etwas genervt, kommt es mir vor): Ich meine nicht die Verpackung an sich. Das geht gar nicht.

 

ICH: Was geht gar nicht?

 

Post: Dieses Paket können Sie nicht verschicken.

 

ICH: Es ist doch noch nicht einmal ein Paket. Es wiegt keine 350 Gramm insgesamt, also mit Verpackung.

 

Post: Das ist es ja gerade. Sie hätten es größer verpacken müssen.

 

Ich: Hä?

 

Post: Dieses Paket ist kein Päckchen, kein Brief, kein Paket. Es hat die falschen Maße.

 

Ich: wie – die falschen Maße? Ich weiß, dass es ungefähr DINA 2 Größe hat.

 

Post: Aber es ist eben nicht genau. Es ist zu groß. Das hätten Sie anders verpacken müssen.

 

Ich: Es ist ein dünnes Blech. Wenn ich das falte, geht es kaputt.

 

Post (nunmehr sichtlich genervt, auch ich gehöre zu den Murphys für ihn): Sie sollen es auch nicht falten, sondern größer verpacken. Sagte ich schon.

 

Ich: Aber wieso denn größer? Größer wird teuer und unhandlicher.

 

Post: Sie müssen ein solches Ding in einen – sagen wir – Umzugskarton einpacken (er holt ein kleines Zentimetermaß aus einer Schublade; ganz schön im Vorteil, hier an seinem Arbeitslatz. Ich hätte zu Hause mindestens auch eines, wenn nicht zwei von der Sorte!)

 

Ich: Umzugskarton? Da wird es ja riesig und außerdem müsste ich eine Menge Füllmaterial hineinlegen, das macht es schwer.

 

Post: Ein Päckchen kann 5 kg wiegen und kostet dann nur knapp 17 Euro.

 

Ich: Kann ich es nicht als Brief versenden?

 

Post (er läuft rot an): Brief! Ich sagte schon: Mehr muss her. Ein großer Karton. Sonst geht es als Sperrgut.

 

Ich: Na schön, dann eben als Sperrgut.

 

Post (ich sehe förmlich, wie er gleich aus den Latschen kippt): Sperrgut kostet um die 50 Euro.

 

Ich: Aber - das ist doch bekloppt.

 

Post: Nein, das sind die Postgebühren-Gesetze.

 

Sag ich doch. Bekloppt. Und nehme mein Paket und wandle.

Nun hat meine Nichte an ihrem Geburtstag keine Freude. Jedenfalls nicht diese. Ich packe zu Hause in Eile ein kleines Briefpakt mit anderem Zeugs und nehme die Karte aus dem von der Post so schmählich im Stich gelassenen Paket raus, tüte sie um und sende alles mit Briefpost. Aber es wird zu spät ankommen, denn der Kasten bei uns um die Ecke wird erst wieder am Montag geleert.

 

Warum habe ich auch nicht ein paar Tage vorher daran gedacht?

 

Und nun sitze ich mit dem dünnen Blech und kann damit selbst nichts anfangen.
Braucht jemand noch ein etwa DINA2-großes dünnes Blech als Magnettafel mit lauter kleinen Katzen drauf?